Andacht Dezember 2024 bis Februar 2025

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.
– Monatsspruch Dezember ⋅ Jesaja 60,1

Liebe Leserin, lieber Leser,

In meinen Ohren klingt dieser Vers nach Weihnachten. Und jetzt, wo die Tage kurz und dunkler sind, da tut ein solcher Licht-Vers gut.

Doch um was geht’s da? Zunächst einmal spricht hier ein Prophet zu seinen Nachbarn. Sie und er gehen durch eine schwere Zeit. Um sie herum herrscht das blanke Chaos. Sie leben im Provisorium und das schon viel zu lange und sie haben genug davon… Nach 50 Jahren Warterei waren sie endlich zurückgekehrt in ihre Stadt, ihre Heimat, in die einst so schöne Stadt Jerusalem. Sie kannten sie nur vom Hörensagen. Abends, in der Fremde nach Sonnenuntergang, wenn alle beieinander waren, haben die Großeltern von ihr erzählt. Wunderschön war sie gewesen. Nun ist sie eine verwundete Stadt mit zerstörten Häusern und einem niedergerissenen Tempel.

„Wenn wir erst einmal zurück sind“, so hatten sie damals in Babylon in der Ferne gesagt, „dann wird alles gut“. Mit diesem Gedanken hatten sie die Moral viele Jahrzehnte lang hochgehalten. Und auf Gott gehofft.

Gott sei Dank haben sie es geschafft zurückzukehren. Doch nun ist die Realität schwerer als gedacht. Die Aufbauphase zieht sich. So langsam verlässt sie die Hoffnung und alle Zuversicht, die sie 50 Jahre am Leben gehalten hatte. Was hatten sie sich nur alles erträumt? In den Geschichten der Alten klang das Wort Jerusalem einfach fantastisch.

Nein. So einfach, wie die Väter und Mütter das sahen, ist es nicht. Kaum ist eine Sache gelöst, stehen sie schon vor der nächsten Herausforderung. Das macht man eine Weile mit, doch dann ist Schluss. Dann stellen sich Resignation und Ermüdungserscheinungen ein.

Der Prophet sieht das anders: „Erhebe dich, Jerusalem, und leuchte! Denn ein Licht ist über dir aufgegangen: Der herrliche Glanz des Herrn erstrahlt über dir.“
Der Prophet kann das sagen, weil er weitersieht als nur bis zu den Trümmern. Er sieht, wie alles einmal sein wird, und wie es schon dabei ist, sich zu erfüllen. Das Licht ist schon längst da. Und es wird stärker und stärker.

„Werde licht!“ Wie geht das mit dem Leuchten? Wenn man einen anderen Menschen oder sich selbst einfach anknipsen könnte…

Ich habe mich bei Paulus umgeschaut.
Er schreibt in 1. Thess. 5, 4f.: Brüder und Schwestern! Ihr lebt nicht in der Finsternis… Ihr seid alle Kinder des Lichts und Kinder des Tages. Wir gehören weder der Nacht noch der Finsternis.
Und dann kommt in Vers 11 tatsächlich die Antwort: „Darum macht euch gegenseitig Mut und baut einander auf, wie ihr es ja schon tut.“

Eine Lichtgestalt sein meint, auf Gott zu hoffen und anderen Menschen Hoffnung geben. Lichtgestalten weisen andere auf das große Licht Gottes hin. Sie motivieren sich gegenseitig. Sie zeigen, dass wir tatsächlich schon auf der hellen Seite stehen, selbst wenn es einem manches Mal allzu düster vorkommt. Gott sei Dank leben wir unser Leben nicht im blanken Chaos. Doch manches ist auch für uns herausfordernd.

Ja, um uns ist durchaus eine dunkle Jahreszeit, leider nicht nur, wenn man auf die Jahreszeit schaut. Da kommt es immer wieder vor, dass man von Zeit zu Zeit keinen Blick mehr für das Licht hat. Wie gut, dass Gott uns zu Lichtgestalten macht. Als Lichtgestalten können wir uns gemeinsam aufmachen und Ausschau halten nach dem Licht. Denn Gottes Licht kommt. Ihr als Gemeinden steht mit diesem ersten gemeinsamen Gemeindebrief an einem Neuanfang. Und Ihr habt Euch schon auf unterschiedliche Weise aufgemacht. Hoffentlich ist Euer Aufbruch bisher nicht so ernüchternd verlaufen wie bei den Jerusalemern damals. Doch ihre Erfahrung, dass man manches Mal nicht so schnell vorankommt, wie man es sich gewünscht hätte, habt Ihr vielleicht auch schon gemacht. Manchmal verlaufen Mut und Hoffnung in Zyklen. Wenn sie beim einen gerade etwas verschüttet sind, ist ein anderer voll davon und sieht bereits, was alles neu und hell werden kann. Wie gut, wenn man sich da gegenseitig zum Propheten wird und sich zuspricht: „Die Herrlichkeit des Herrn geht über uns auf“ und das geschieht, was Paulus sagt: „Darum macht euch gegenseitig Mut und baut einander auf, wie ihr es ja schon tut.“

Superintendentin
Dorothea Lorenz

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